Jung, blond, tot: Roman by Andreas Franz

Jung, blond, tot: Roman by Andreas Franz

Autor:Andreas Franz
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi
ISBN: 9783426617885
Herausgeber: Droemer Knaur
veröffentlicht: 2000-04-09T23:00:00+00:00


Dienstag, 21. September, 6.30 Uhr

Sie öffnete die Augen einen Spalt, das Morgenlicht, obwohl dämmrig, war eine Marter. Ihr Mund war ausgetrocknet, die Zunge klebte am Gaumen, die Arme fühlten sich taub an. Ein gewaltiger Druck lastete auf ihrer Blase. Sie setzte sich stöhnend auf, bohrende Übelkeit in den Gedärmen. Sie mußte ein paarmal würgen, holte tief Luft, um den Reiz zu unterdrücken. Sie blickte um sich und erschrak. Dies war nicht ihre Wohnung, nicht ihr Bett, nicht die Aussicht, die sie morgens gewohnt war. Ihr Schädel schmerzte. Preßlufthämmer und Spitzhacken in ihrem Kopf, sie hielt ihn zwischen beiden Händen. Versuchte, sich zu erinnern. Tomlin, sie hatte einen Termin mit ihm ausgemacht. Und Menzel, der sie angesprochen und mit ihr angestoßen hatte. Danach war ihre Erinnerung wie ausgelöscht. Und jetzt wachte sie in einem völlig fremden Zimmer auf.

Sie stand auf, schwere Beine, Schwindelgefühl. Hielt sich am Bettpfosten fest und versuchte, ihre Gedanken zu ord nen. Öffnete das Fenster, davor eine Reihe dichtgewachsener Bäume, aus denen Vögel lärmend den Tag begrüßten. Die Nacht hatte sich gerade verzogen, Durant blickte zur Uhr, Viertel vor sieben. Der Himmel war wolkenverhangen, es mußte bis vor kurzem geregnet haben, der schmale Streifen Asphalt der Torauffahrt war noch naß. Erst jetzt bemerkte sie, daß sie nackt war, erschrak, malte sich die schrecklichsten Dinge aus. Sie drehte sich um, ihre Sachen lagen ordentlich zusammengelegt auf einem Stuhl. Sie zog schnell ihre Unterwäsche an, anschließend das Kostüm, mit dem sie gekommen war. Überprüfte ihre Handtasche, es fehlte nichts. Was um alles in der Welt war geschehen? Hatte sie sich so gehenlassen? Sie machte die Tür auf und hoffte, auf dem Flur eine Toilettentür zu entdecken. Grünpflanzen reckten sich bis unter die Decke, ein überdimensionales, düsteres Gemälde mit einer mittelalterlichen Kriegsszene hing auf der anderen Seite des Flures. Sie schlich auf Zehenspitzen über den Teppich, aus dem unteren Stockwerk drang das leise Geklapper von Geschirr an ihr Ohr. Sie drückte vorsichtig die Klinke der nächstgelegenen Tür, sie war verschlossen. Bei der nächsten Tür hatte sie mehr Glück. Sie betrat ein luxuriöses, in Hellrosa gehaltenes Bad, das in etwa die Größe ihres Wohnzimmers hatte. Sie befreite ihre Blase von dem Druck, wusch sich ausgiebig Hände und Gesicht, besah sich anschließend im Spiegel, fuhr sich mit beiden Händen durchs Haar, dachte, es würde wieder einmal Zeit für einen Friseurbesuch. Das bohrende Hungergefühl stellte sich wieder ein, Übelkeit. Sie versuchte, beides zu ignorieren, ging aufrecht die Treppe hinunter. Die Tür zum Eßzimmer stand offen, sie erkannte Menzel, er saß mit dem Rücken zu ihr allein am üppig gedeckten Tisch, frühstückte, las die Zeitung. Durant betrat das Zimmer, er wandte seinen Kopf, fal tete die Zeitung zusammen, legte sie auf den neben ihm stehenden Stuhl und winkte Julia Durant zu sich heran. »Ich hoffe, Sie hatten eine angenehme Nacht, Frau Kommissarin?« fragte er, ohne eine Miene zu verziehen, und deutete auf einen Stuhl. »Kommen Sie, leisten Sie mir Gesellschaft. Sie werden sicherlich hungrig sein.« Julia Durant war unsicher, trat näher, blickte Menzel ernst und



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